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oder
„Mir wird oft gesagt, ich habe eine schöne Stimme, kann ich nicht als Sprecher bei euch anfangen zu arbeiten?“
– diese und ähnliche Fragen bekommen wir als Audioagentur sehr häufig gestellt. Dass „Sprecher/Sprecherin“ ein Ausbildungsberuf ist, wissen die wenigsten. Um den Weg zum Synchron-, Werbe- oder Hörbuchsprecher ein wenig zu beleuchten, haben wir mit Anita Hopt ein Interview geführt:
„Man muss mit der Stimme spielen können“
Anita Hopt ist als Synchronsprecherin unter anderem als Stimme von Edith in der Serie Downton Abbey und als Bernadette in der Serie Big Bang Theory bekannt. Zum Sprechen kam sie durch Zufall über ein Gesangscasting. Mit Dynamic Audio Berlin sprach sie über Wege in den Sprecherberuf, die Besonderheiten daran und worauf es letztendlich ankommt.
Wie war dein persönlicher Werdegang zur Synchronsprecherin?
Ich wurde als Sängerin der Barbie in den gleichnamigen Animationstrickfilmen gecastet. Die Aufnahmen dazu fanden im Synchronstudio statt. Nach einigen Terminen habe ich mich getraut, den Regisseur zu fragen, ob ich mich im Synchronsprechen ausprobieren könnte. Eine Sprech- und Schauspielausbildung hatte ich bereits. Also gab er mir in einer anderen Produktion die Chance, meine ersten Versuche als Synchronsprecherin zu machen.
Wie würdest du denn den allgemeinen Werdegang im Vergleich dazu beschreiben?
Es gibt einerseits die Kinder von z.B. Regisseuren oder Sprechern, die in die Branche hineinwachsen. Dadurch, dass sie damit groß werden, sind sie sehr routiniert in dem Beruf und können im Studio unglaublich schnell arbeiten. Andererseits gibt es die Quereinsteiger, die sich meistens reihum bewerben. Sie kommen meistens vom Schauspiel. Beim Synchron wird sehr viel Wert auf so einen Hintergrund gelegt.
Manche haben auch andere Sprech-Erfahrung, wie z.B. Moderatoren und sind dadurch mit der Arbeit am Mikrofon und mit Texten vertraut.
Die Quereinsteiger werden meistens in so genannten Ensemble-Terminen ausprobiert. Dabei können sie die Arbeit kennenlernen und sich in der Gruppe oder für einzelne Sätze auch allein am Mikrofon unter Beweis stellen.
Was sind denn deiner Meinung nach die größten Unterschiede zwischen der Tätigkeit des Sprechers und des Synchronsprechers?
Beim Synchron ist ein gutes Rhythmusgefühl wichtig, damit die Aufnahme lippensynchron wird. Und zum anderen muss das vorgegebene Schauspiel möglichst gut ins Deutsche übertragen werden. Für Hörspiele muß man die Charaktere selbst entwickeln. Man hat mehr Freiraum, weniger Vorgaben. Es geht darum, dem Kunden Vorschläge zu machen. Als Off-Sprecher für Erklärfilme oder Dokumentationen spiegelt sich das in der passenden, souveränen Ansprechhaltung und in der Gestaltung des Textes wider. Außerdem sollte man Änderungswünsche schnell umsetzen können, etwa wenn es jünger, frischer oder seriöser klingen soll. Denn obwohl man bei der Aufnahme nicht zu einem Publikum spricht, muss es den Zuhörer am Ende ansprechen.
Denkst du, dass Ausbildungsangebote für Synchronsprecher an privaten Institutionen ein guter Weg in die Branche sind?
Nein, eher nicht. Wer Talent mitbringt, kann natürlich mit jeder Ausbildung einen Grundstein legen. Aber es gibt viele Institutionen die nur Geld machen wollen. Sie verkaufen diese Kurse und suggerieren, dass man danach gleich durchstarten kann. Aber die Lernphasen sind viel zu kurz, danach hat man das Fach noch nicht intus. Es braucht seine Zeit, um die Stimme und Textarbeit zu beherrschen und damit umgehen zu können. Diese Ausbildungen erwecken die falsche Hoffnungen, dass man auf dem Markt sehr viele Chancen hat, obwohl es sehr schwierig ist, einen Fuß in die Tür zu bekommen. Das soll niemanden davon abhalten, es zu versuchen. Aber jeder sollte wissen, dass es ein harter Markt ist.
Was sind denn die wichtigsten Voraussetzungen für diesen Beruf und wie kann man herausfinden, ob man geeignet ist?
Meiner Meinung nach sind ein guter Umgang mit der Stimme, Souveränität vor dem Mikrofon, die Flexibilität, Regie-Anweisungen schnell umzusetzen und Spiel-Freude mit dem Text wichtig.
Feedback von fachlich-kompetenten Leuten kann helfen: Wenn meine Freunde mir sagen, dass ich eine schöne Stimme habe, ist das nett. Darum geht es aber nicht unbedingt in dem Job. Ob ich mit dieser Stimme gut arbeiten kann, ist ein anderes Thema.
Falls die Resonanz nicht gut ist, sollte man nicht pikiert sein, sondern überlegen, ob es eventuell für den Sprecherberuf nicht reicht. Falls Potential vorhanden ist, wird man automatisch weiterempfohlen und seinen Weg finden.
Es hilft auch, Texte laut zu sprechen und sich selbst dabei aufzunehmen. Dadurch kann man die eigene Stimme analysieren und testen, ob man sich den Text selbst abkaufen würde. Vieles hört sich leichter an als es ist. Wenn man erst mal selbst vor dem Mikro steht und die Aufnahme läuft, merkt man, dass doch mehr dahinter steckt als ein bisschen zu reden.
Fühlst du dich mehr als Schauspielerin, oder als (Synchron)sprecherin?
Als Sprecherin. Ich habe meinen Fokus immer auf die Stimme gelegt, auf Gesang und Sprechen. Schauspiel ist aber wichtig dafür, das habe ich immer wieder gemerkt. Diese Basis hilft mir beim Sprechen.
Wie bereitest du dich auf die Jobs vor? Wie lang im Voraus erhältst du die einzusprechenden Texte?
Ich spreche mich vor Aufnahmen ein, mache ein Warm-up für die Stimme. Wenn ich einen Text vorher bekomme, bereite ich ihn vor, indem ich z.B. nachschlage, wie Fremdwörter ausgesprochen werden oder mir überlege, wie ich den Text gestalten möchte. Beim Synchron bekomme ich den Text vorher gar nicht und bei andern Aufträgen meistens erst kurz vor der Aufnahme im Studio. Das ist eine der Herausforderungen, mit denen man in diesem Beruf umgehen muss. Hörbuch-Skripte sind hierbei die Ausnahme. Die liegen deutlich früher vor (ein paar Wochen oder sogar Monate).
Worauf konzentrierst du dich während der Aufnahme?
Ich versuche darauf einzugehen, was der Kunde sich wünscht und welche Hörer es ansprechen soll. Dazu versuche ich, alles natürlich und verständlich rüberzubringen.
Beim Synchron konzentriere ich mich hauptsächlich auf die Vorgabe des Films und die Anweisungen des Studioteams.
Wie oft werden Takes im Durchschnitt wiederholt?
Bei Voiceover-Produktionen möchten die Kunden oft verschiedene Varianten aufnehmen, um eine Auswahl zu haben. Drei oder vier Versionen werden erarbeitet. Bei Synchronisationen gilt es, die Original-Vorlage gut zu übertragen. Man wiederholt die Takes, bis sie lippensynchron und authentisch sind. Es werden allerdings etwa 36 Takes pro Stunde angesetzt. Das ist viel. Darum muss man schnell durchkommen.
Bei Hörbüchern oder Dokumentationen wird die Aufnahme nur unterbrochen, wenn man sich verliest oder eine Korrektur von der Regie bekommt. An genau der Stelle wird angesetzt und weiter aufgenommen.
Muss der Text immer genauso gesprochen werden, wie er im Dialogbuch steht?
Bei der Synchronisation werden die Texte, wenn nötig, im Studio gekürzt oder verlängert. So, dass es besser auf`s Bild passt, natürlicher oder verständlicher wird. Generell sollten die Texte aber so, wie sie da stehen, eingesprochen werden. Schließlich hat sich schon jemand beim Texten Gedanken darüber gemacht.
Wie laufen die Castings normalerweise ab? Wer entscheidet darüber, ob du gebucht wirst?
Für die täglichen Termine werde ich ohne Casting bestellt. Wenn aber Castings erforderlich sind, werden beim Synchron z.B. drei oder vier Sprecher pro Rolle zu einer Probeaufnahme bestellt. Man spricht ein paar Takes ein, meistens eine Szene. Diese Filmsequenzen werden dem Kunden geschickt und der entscheidet, welche Stimme genommen wird.
Bei anderen Aufträgen werden dem Kunden meistens vorhandene Stimmproben geschickt, aus denen ausgewählt wird.
Manchmal werde ich vorab angerufen und für einen Zeitraum, in dem die Aufnahme stattfinden soll, optioniert. Es kommt aber auch vor, dass ich nur angerufen werde, wenn der Kunde sich definitiv für mich entschieden hat und gar nicht mitbekomme, dass ein Studio mich mit meinen Demos vorgeschlagen hat. Je nachdem, wie kurzfristig die Aufnahme ist und ob zeitliche Verfügbarkeiten abgeklärt werden müssen.
Kann man vom (Synchron)sprechen allein leben?
Einmal Fuss gefasst, kann man gut davon leben. Doch es ist nicht einfach da hinzukommen. Ich weiß nie, ob ich zu diesem Beruf raten soll oder nicht. Man muss durchhalten und sich täglich beweisen. Jeder Termin findet in einem anderen Studio unter anderer Regie statt. Bis sich eine Beständigkeit aufbaut, braucht es seine Zeit. Außerdem sind Sprecher freiberuflich. Es gibt keine Absicherung. Ich finde es darum gut, noch ein zweites Standbein zu haben. Egal, ob in einem künstlerischen oder einem völlig anderen Bereich. Dadurch kann man etwas entspannter bleiben. Die Auftragslage ist mal so und mal so. Es steht in den Sternen, wieviel Arbeit im nächsten Monat kommt.
Man möchte die Tonstudios ja nicht mit Anrufen nerven, indem man nach Arbeit fragt, weil die Miete bezahlt werden muss. Klar kann man Glück haben und in einem günstigen Moment anrufen, aber eventuell stört man auch deren Arbeitsprozess.
Was rätst du jemandem, der sagt, „Ich möchte Synchronsprecher werden?“
Wer es möchte, soll es natürlich probieren. Die Arbeitsfelder sind sehr vielfältig: Synchron ist nur ein Bereich, Hörbücher erfordern eine völlig andere Konzentration und Werbung, Hörspiele oder Dokumentationen ebenso. Ich finde, man sollte seinen Fokus vorerst auf einen dieser Bereiche legen und sich bei den passenden Studios bewerben. Wenn ein Studio Dich bucht: Sei pünktlich, gib Dein Bestes, frag nach Feedback, falls Zeit dafür vorhanden ist, ansonsten störe den Produktionsablauf besser nicht und bleib einfach dran. Mit beständiger, guter Arbeit wirst Du auffallen und Folgeaufträge bekommen.